Fest mit langer Tradition

Das Karnevalsfest im Ortsteil Leer hat eine lange Tradition. Es wurde bereits in der Chronik des Schützenvereines Alst aus dem Jahre 1880 erwähnt. Dort heißt es: "Am 11. und 12. Februar 1880 wurde wie üblich Fastnacht gefeiert. Es waren fünf Musiker zum Ausüben der Musik und erhielten für zwei Abende 12 Taler." Doch nicht nur in der Alst, auch im Dorf wurde seit geraumer Zeit ausgiebig gefeiert; zunächst beim Sportverein Westfalia Leer und dann schwerpunktmäßig beim Schützenverein Leer-Dorf.

In den Annalen des Schützenvereines Alst heißt es, dass man bis zum Jahre 1974 sonntags und montags vor dem eigentlichen Rosenmontag feierte, da an den Karnevalstagen das 40stündige Gebet stattfand. Seit 1974 ist dann auch in der Alst der Rosenmontag Höhepunkt der heimatlichen Fastnacht. Die Junggesellen basteln zwei Wochen vorher aus Stroh, Holz und alten Kleidungsstücken den "Karnevalskerl". Dieser begleitet von Stund an das fröhliche Treiben, bis er dann an Aschermittwoch verbrannt wird. Das Festtreiben verläuft so, dass man sich am Samstag vor Rosenmontag zum Tanzabend trifft. Die Junggesellen kommen am Rosenmontag zum Aufholen der Eier und Mettwürste zusammen. Am Nachmittag treffen sich die älteren Einwohner bei Kaffee und Kuchen im Vereinslokal. Das bunte Programm wird von eigenen Mitgliedern gestaltet.

Die Geschichte des Karnevals beim Sportverein Westfalia begann im Jahre 1964. Er ist aus den Feiern einzelner Mannschaftsteile und Aktiven entstanden. Immer mehr entwickelte sich das Fest zu einem der am besten besuchten Karnevalsfeste im Ortsteil Leer. Man musste schon drei Stunden vor dem Sitzungsauftakt anwesend sein, sonst bekam man im Saal der Gaststätte Horstmann und den anliegenden Räumen keinen Platz. Es wurden bis zu 300 Narren gezählt. Sitzungspräsident Anton Greive und später Bernhard Horstmann hatten alle Mühe, das närrische Völkchen im Zaun zu halten.

Der Reiz des Festes bestand im Auftritt der Aktiven, die sich ausschließlich aus eigenen Reihen rekrutierten und häufig das Lokalgeschehen aufs Korn nahmen. So war es Heinz Greive, der 25 Jahre die kleinen und großen Macken der Mitbürger aufs Korn nahm. Den Elferrat stellten bis zum Jahre 1982 jeweils die Altherren-Fußballer, die dann durch die jüngeren Sportler abgelöst wurden. Sie ließen sich jedes Jahr etwas neues einfallen und waren kostümiert als Schlümpfe, Jäger (weil der Wald gefegt wurde), als Babysitter, als Schotten mit entsprechendem Röckchen, als Scheiche oder als Schuljungen.

Unvergessen sind die Auftritte der Geschwister Hanne Wilming und Annette Deitermann als "Wildei-Sisters", die mit ihren Liedern zum Mitsingen und Mitschunkeln animierten. Man erinnert sich an Ottilie Rotering als Geschiedene, an Frank Wenking mit einem original schottischen Dudelsack, die Volleyball-Gruppe als "Stubenfliegen" oder die erste Fußballmannschaft beim Yankee-Doodle-Tanz oder Anni Füchter mit ihrem karnevalistischem Humor. Mit seinem Lied: "Ich bin kein Lump" prägte Franz Arning das Karnevalsfest ebenso wie Ludger Füchter und Walter Ahlers oder Gisela Müller mit Gesang. Die Wellen der Begeisterung schlugen stets hoch, wenn Jürgen Käthner angesagt wurde oder Werner Feige. Letzterer hatte die Fäden hinter den Kulissen in der Hand. Er wurde später von Hatwig Thiele abgelöst.

Aus den Annalen des Sportvereines geht auch das 25jährige Karnevalsfest des Sportvereines im Jahre 1989 hervor. Durch das Programm führte damals Bernd Böller. Neben anderen gefielen in der Bütt Henrike Möllers als Schulmädchen, Tönne Eissing als Anstreicher, Hedwig Raue als Putzfrau und Hubert Hünteler mit eigener Parodie. Man feierte so ausgelassen, dass sogar die Tapeten von den Wänden fielen. Während der Jubiläumsfeier wurden besonders geehrt Rudi Toepper, Werner Büchel, Werner Feige, Bernhard Horstmann, Heinz Greive, Ludger Füchter, Walter Ahlers, Anni Füchter und Gisela Müller. In die Liste der Prinzen reihten sich ein Anton Greive, Bernhard Horstmann, Klaus und Christel Klumps, Erich und Maria Mohn, Heinz und Anne Ernsting, Addi und Marianne Schmitz, Rudi und Mia Toepper, Josef und Gabi Ringkamp, Josef und Waltraud Overkamp, Günter und Doris Eweler sowie Erich und Maria Laurenz. Für die Bühnendekoration sorgte jeweils Jörg Anthe.

Alles hat seine Zeit, so auch der Karneval bei Westfalia. Der Schützenverein Leer-Dorf schloss Mitte der 90er Jahre die entstehende Lücke. Man verlegte auf Vorschlag von Ferdi Thiemann, Peter Bödding und Ludger Hummert bei den Dörfern die Sitzung von Karnevalssonntag auf den vorherigen Samstag und hatte damit großen Erfolg. Der Erfolg dieses Festes lag darin, dass alle Vereinsgruppierungen beim Auftritt beteiligt sind, angefangen vom Vorstand bis hin zu den Junggesellen des Vereines. Die Veranstaltung wurde jeweils vom ersten Vorsitzenden des Vereines moderiert. Die Akteure kamen aus den eigenen Reihen. So auch der ehemalige Landrat Thomas Kubendorff, der Mitglied der Dörfer ist. Der Stammtisch Eckpoahl, eine Gruppe gestandener Männer, nahm stets das lokale Geschehen aufs Korn. Auftritte der Leerer Blickband konnten stets begeistern.

Längst waren die Karnevalssitzungen im Saal des Gasthofes Vissing nicht mehr auf den eigenen Verein beschränkt, die Junggesellen von Leer-Ostendorf traten auf ebenso wie zahlreiche Leerer Stammtische. Bewundert wurde immer die Vielzahl der Kostüme, die besten wurden prämiert. Karnevalssitzungen der Dörfer gibt es nicht mehr, geblieben ist das Sammeln der Würstchen und Eier am Rosenmontag. Sie werden eine Woche später gemeinsam vertilgt. Der Leerer Cliquen-Karneval (LCC) hat jetzt seit fünf Jahren den Karneval mit den großen Umzügen auf die Straße gebracht.