Pfarrsekretärin Ruth Hüsing darf Beerdigungen leiten
Viele Menschen aus Horstmar und Leer kennen Ruth Hüsing als Pfarrsekretärin der Pfarrei St. Gertrudis. Nun hat sie eine neue, zusätzliche Aufgabe: Sie darf ab sofort alleine Beerdigungen leiten. Am Sonntag hat sie sich in ihrer neuen Rolle der Gemeinde vorgestellt.
"Beruflich hatte ich schon immer mit Beerdigungen zu tun", erzählt Hüsing. Als Pfarrsekretärin habe sie oft den Erstkontakt zu den Angehörigen von Verstorbenen. Nach wie vor sei das Pfarrbüro oft der erste Ansprechpartner, wenn jemand verstorben ist. Persönlich oder telefonisch kommen die Angehörigen mit vielen Fragen, was nun zu tun ist. "In Leer habe ich ja auch die Friedhofsverwaltung gemacht und mit den Angehörigen zum Beispiel nach schönen Grabstellen gesucht."
Schon früher hat Hüsing daher mit den Angehörigen über die Verstorbenen und deren letzte Stunden gesprochen und hatte auch das ein oder andere tröstende Wort parat. "Sie ist da über Jahre reingewachsen", sagt auch Pfarrer Johannes Büll. Zudem habe sie schon einige Beerdigungen begleitet.
Beerdigungen dürfen in der katholischen Kirche normalerweise nur von Priestern, Diakonen und Pastoralreferenten geleitet werden. Seit 2016 können im Bistum Münster auch Laien nach entsprechender Fortbildung den Begräbnisdienst übernehmen. Ruth Hüsing ist die erste Ehrenamtliche in Horstmar, die diesen Dienst ausführt. Wer an den entsprechenden Fortbildungen interessiert ist, kann sich bei Pfarrer Johannes Büll unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein. oder unter 02558/9022290 melden.
Wohl noch wichtiger als diese berufliche Komponente waren für Hüsings Entscheidung, ehrenamtliche Begräbnisleiterin zu werden, ihre privaten Erfahrungen mit dem Thema Tod und Beerdigung. Bei aller Trauer habe sie die Zeit, als ihre Großmutter und ihr Vater verstorben sind, als "sehr positiv" empfunden. "Mein Glaube spielt da natürlich eine wichtige Rolle", sagt sie.
Im vergangenen Jahr hat Büll sie dann ermutigt, sich für die entsprechende Fortbildung anzumelden. An der hat Hüsing von Februar bis Anfang September teilgenommen. "Wir haben uns erstmal mit unserem eigenen christlichen Glauben und Themen wie Tod und Auferstehung befasst", erzählt sie. Neben passenden Bibelstellen ging es um die Begleitung der Angehörigen, die Trauergespräche und die Trauerrede.
Natürlich stehe der oder die Verstorbene im Mittelpunkt. Aber Hüsing sieht es auch als ihre Aufgabe an, für die Angehörigen da zu sein. "Die Angehörigen sollen vernünftig begleitet werden", nennt sie einen der Gründe, warum sie sich schlussendlich für das Ehrenamt entschieden hat.
Zentral wird für sie daher das Trauergespräch mit den Angehörigen sein, um die Beerdigung vorzubereiten. Neben formellen Dingen wie einem Beerdigungstermin "geht es natürlich auch darum, was die Angehörigen selbst an persönlichen Dingen einbringen möchten". Oft wollen sie selbst kleine Reden halten. Und sonst werde es für Hüsing darum gehen, die Verstorbenen kennenzulernen, um schöne, letzte Worte über sie sagen zu können.
Schwierig könnte es werden, wenn Angehörige und der Verstorbene sich zuletzt nicht mehr gut verstanden haben, wenn es zu Lebtagen oft Streit gab. "Ich möchte ehrlich bleiben, wenn auch nicht immer alles positiv war", sagt Hüsing. Sie möchte den Verstorbenen "mit allen Licht und Schattenseiten" würdigen.
Auch möchte sie ihren christlichen Glauben und den Glauben an die Auferstehung mit in die Beerdigungen einbringen. Fast 100 Prozent aller Beerdigungen in Horstmar und Leer seien kirchlich, sagt Büll. "Man merkt, dass das den Leuten noch wichtig ist."
Indem Hüsing sich mit den Themen Tod, Leid und Trauer auseinandersetzt, "verspüre ich einen größeren Spaß am Leben", sagt Hüsing. Das Phänomen kennt auch Büll. Diese "Freude des Lebens Angesicht des Todes" möchte Hüsing trotz des traurigen Anlasses des Todes auch bei ihren Beerdigungen ausstrahlen.
Wann Hüsing ihre erste Beerdigung leiten wird, weiß sie noch nicht. "Druck verspüre ich nicht, aber ich hoffe natürlich, dass ich das gut hinbekomme", sagt sie. "Bei der ersten werde ich bestimmt etwas nervös sein." Johannes Büll ergänzt: "Den Druck habe ich auch nach 37 Jahren noch" - schließlich gehe es immer um persönliche Geschichten von Menschen, denen man einen würdevollen Abschied geben möchte.